1. Akt, 1. Bild
NO 1 Opening “SCHWUL”
Fredo:
Ich bin schwul
total schwul
durch und durch
total schwul
Schwule Stirn
schwule Ohr’n
im Profil
und von vorn
Schwul im Kopf
Schwul im Bauch
und das Herz
dazwischen auch
Alles schwul
mehr oder minder
und wer soll mich
daran hindern,
daß ich sage, ich bin homosexuell-
Das heißt schwul
oder gay
Warmer Bruder
auch o.k.-
Alles gut
Alles cool
Ich bin
Das Ensemble tritt auf:
Alle:
Schwul!
Fredo:
Ist doch schön!
Alle:
Er hat damit
kein Problem!
Fredo:
Und weil ich mich
auch nicht schäme
hat kein Mensch
mit mir Probleme!
Ich bin schwul!
Alle:
Und beliebt!
Fredo:
Weil man mich
als Menschen sieht.
Selbst mein Hetenfreund,
mein Bester-
Erik:
Sieht den Mensch und
nicht die Schwester!
Jeanette:
Er ist schwul!
Ist doch toll!
Alle:
Schwule sind so...
Alle suchen nach dem richtigen Wort
Jeanette:
..Liebevoll?
Alle:
Genau!
Doch im Grund des Herzens ist das ja egal!
Wenn das Herz
dich erblickt
fragt es nicht
Erik:
Wer dich nachts fickt-
Eine kleine peinliche Pause
Jeanette:
Er ist gut!
Alle:
Er ist cool!
Er ist-
Fredo:
Einer von 225.587 Siebzehnjährigen Homosexuellen in Deutschland.
Erik:
Und jetzt alle!
Großer Schlußakkord. Das Publikum soll singen, tut es wahrscheinlich aber nicht.
Alle:
ER IST SCH..............LLLL!
Erik:
Na, daran müssen wir noch ein bißchen arbeiten.
Abschlag.
1. Akt, 2. Szene
......
Mehmed: lacht
Ich steh hier und will pissen und die schwule Sau faßt mir an die Hose.
Stehst du darauf? Stehst du auf Pissen?
Fredo:
Nein.
Jeanette erscheint auf der anderen Seite der Bühne.
Jeanette:
Und dann?
Mehmed hat Fredo immer noch am Hals gepackt.
Fredo:
Nichts und dann.
Jeanette:
Und dann hat er dich losgelassen.
Fredo: lügt
Ja.
Jeanette:
Und das Messer?
Mehmed hält Fredo das Messer vors Gesicht und drückt ihn langsam in die Knie.
Mehmed:
Kannste haben, Arschficker.
Fredo:
Hat er weggesteckt.
Mehmed:
Ich piss dir in den Kopf, Alter.
Fredo: panisch
Ich hab gesagt, es tut mir leid, o.k.?
Mehmed läßt Fredo los. Erik erscheint ebenfalls
Erik:
Du hast dich bei ihm- ENTSCHULDIGT?
Jeanette: vernünftig
Was sollte er denn tun?
Fredo: zu Erik
Ich-
Mehmed:
Unten bleiben!
Fredo duckt sich wieder und guckt zu Boden. Mehmed knöpft sich die Hose auf.
Erik:
Dem Kerl eine knallen, daß ihm das Hirn aus den Ohren fliegt.
Jeanette:
Der Typ hatte ein Messer, Erik!
Mehmed:
Guckst du wie ich pisse?
Erik:
Dann muß man eben schnell machen und dann Beine in die Hand und weg!
Fredo: leise
Großmaul.
Mehmed:
Schnauze!
Mehmed pinkelt mit dem Rücken zum Publikum und kommt Fredo gefährlich nah.
Mehmed:
Das findest du geil, Alter. Da stehst du drauf. Sag es. Da stehst du doch darauf ?
Jeanette:
Und dann ist er einfach so gegangen?
Fredo: flüstert
Ja.
Jeanette:
Was?
Mehmed:
SAG ES!
Fredo:
JA!
Mehmed lacht und macht sich den Hosenstall zu.
Mehmed:
Ihr Arschficker seid doch alle krank, aber voll, Alter.
Mehmed geht.
Jeanette:
Da hast du aber wirklich Glück gehabt.
Fredo steht mühsam auf.
Erik:
Was heißt hier Glück? Der Wichser hat nicht mal ein blaues Auge!
zu Fredo Du solltest echt mal Karate machen oder so was.
Fredo: wird plötzlich wütend
Ich WILL aber kein Karate machen! Ich will in der Gegend rum laufen können, ohne daß mir so ein schwulenfeindlicher Anatole mit seinem Messer vor der Nase rumfuchtelt.
Jeanette:
Dann mußt du in Zukunft eben vorsichtiger sein. Nachts um zwölf lauf ich als Frau auch nicht mehr durch den Stadtpark.
Erik:
Kannste ruhig. Die haben alle Angst vor dir. zu Fredo Warum warst du im Stadtpark? Du wolltest doch nach Hause?
Fredo: überhört Erik
Warum soll ICH bitte schön vorsichtig sein, bloß weil ich schwul bin? Ich hab diesem Arschloch nichts getan!
Jeanette:
Das ist eben so. Moslems fühlen sich von Homosexualität in ihrer männlichen Ehre bedroht. Das ist kulturell ganz tief verwurzelt, das geht nicht gegen dich persönlich.
Fredo: kreischt
Der Typ hat gedroht, er schneidet mir die Eier ab. Wie viel persönlicher hättest du‘s gerne?
Jeanette:
Meine Mutter hat auch total Ärger gekriegt, als sie im Kindergarten Nürnberger Würstchen für’s Sommerfest mitgebracht hat. Da sind drei türkische Kinder mit drin und wenn du denen Schweinefleisch auf den Grill schmeißt, finden die das total respektlos.
Fredo: knirscht
Ich bin kein Schweinefleisch.
Jeanette:
Ich mein doch nur, du könntest dich in Zukunft ein bißchen- unauffälliger Verhalten.
Fredo:
Bitte was? ICH BIN SCHWUL, und das kann von mir aus auch jeder sehen.
Erik: begütigend
Sieht ja auch jeder.
Fredo: gemein
Du meinst, ich soll lieber im Kino mit dir Händchen halten, damit ich keinen auf die Omme kriege.
Jeanette: verletzt
Nein. Das meine ich nicht.
Schweigen
Fredo:
Wenn Erik zusammengeschlagen worden wäre, wären die Typen einfach nur Verbrecher. Wenn ein Schwuler zusammengeschlagen wird, soll er in Zukunft besser aufpassen.
Jeanette: genervt
Sorry, mein Fehler. Ich wollte dich nur trösten.
Fredo: giftet
Ich brauche keinen Trost! Ich bin nicht behindert.
Jeanette: wütend
Kein Mensch behauptet, daß du behindert bist!
Erik:
Das heißt nicht mehr behindert. Das heißt anders begabt.
Fredo:
Was?
Erik:
In Amerika. Da nennen die neuerdings ihre Spastis so.
Fredo:
Es ist aber scheißegal, ob ich anders begabt bin oder nicht. Ich will einfach nicht verprügelt werden.
Jeanette:
Dann mach ne Anzeige.
Erik:
Zur Bullerei? Würde ich nicht tun. Da kommst du auf so eine rosa Liste.
Jeanette: stöhnt
Blödsinn!
Erik: zu Jeanette
Hab ich in der Zeitung gelesen. Und dann kriegt er jedesmal, wenn er zu schnell gefahren ist, aufs Brot geschmiert, daß er.. ich meine, daß du-
Fredo schneidet Erik mit einem Blick den Satz ab.
Jeanette:
Wir leben nicht mehr im Mittelalter! Für die Polizei ist Gewalt gegen Schwule heutzutage ein ganz alltäglicher Vorfall.
Fredo: sarkastisch
Das ist doch schon mal was.
Jeanette: mit ihrer Geduld am Ende
Ich meine, der Polizei ist überhaupt kein Thema, ob du schwul bist oder nicht. Das ist denen so was von egal.
Fredo: grinst
Genauso egal wie Euch?
Musikeinsatz. Eine Polizeihandpuppe, gespielt von Mehmed, erscheint mit einer Computertastatur.
No 5 „VERHÖR“
Polizist:
Name? Alter? Unfallort?
Größe? Uhrzeit? Lieblingssport?
Grünanlage. Mitternacht.
Und- was ham sie da gemacht?
Fredo:
Ich-
Polizist:
Täter bitte mal beschreiben.
Türke. Siebzehn. Schwarzes Haar
Aber was die Schwul’n da treiben
das war ihnen doch schon klar?
Fredo:
Ja, aber-
Polizist:
Türke also. Sind sie sicher?
Hatten sie Geschlechtsverkehr?
Nur privat oder als Stricher?
Davon gibt’s ja immer mehr.
Fredo:
Nein!
Polizist:
Wurden sie zu was gezwungen?
war’n Interessen finanziell?
ha’m sie irgendwelche Wunden?
Sie sind homosexuell?
Mann, ihr Homos seid ein Völkchen
fickt euch nächtens durch die Wälder
und wir soll’n Euch dann beschützen
für die guten Steuergelder.
Könnt ihr’s nicht zu Hause treiben?
So, das wär’s. Hier unterschreiben.
Die Mamapuppe erscheint:
Mama:
Aber Junge, warum hast du uns das denn nicht erzählt?
Fredo:
Hätte ich noch.
Mama:
Dir hätte sonst was passieren können!
Fredo:
Hm.
Mama:
Aber eins mußt du mir noch einmal erklären: Was um alles in der Welt machst du nachts um drei im Park?