Leseprobe SOMMER NACHT TRAUM
von Wolfgang Böhmer und Peter Lund
1. Akt (Ausschnitte)
Titania in ihrer Badewanne, mit Knabe, singt a capella, Oberon kommt luftgewehrballernd durch den Wald.
Titania:
Wie? Oberon ist hier?
Der Eifersüchtige?
Geschwind, mein Elf. Laß uns von hinnen.
mich intressiert zur Zeit weder sein Bett noch sein Gespräch.
Oberon:
Du bleibst!
Bin ich nicht Dein Herr?
Titania:
Dann müßte ich ja deine Herrin sein.
verfällt plötzlich in Alltagssprache
Was willst du hier? Das ist MEIN Hain!
Oberon: beharrt auf Shakespeare
Der König will sein Wesen nachts hier treiben!
Weil er vor wildem Grimme schnaubt!
Titania: unbeeindruckt
Oha.
Oberon:
Warnt nur die Königin, entfernt zu bleiben.
Titania:gelangweilt
Was du hier willst.
Oberon:
Weil sie ein kleines Kind geraubt
als Edelknabe künftig ihr zu dienen-
Titania:süß
Kein schön'res Bübchen hat der Tag jemals beschienen.
Oberon:
Gib mir das Kind.
Titania:
Die Mutter war aus meinem Orden, doch sie, ein sterblich Weib, starb früh an meinem kleinen Junker.
Und ihr zulieb erzieh ich nun das Kind.
Oberon:
Ich will das Kind.
Titania:
Und ihr zulieb geb ich`s nicht her.
Oberon:
Titania!!
Titania:
Vergiß es.
Oberon:
Warum kränkt ihren Oberon Titania?
-ich bitte nur ein kleines Wechselbalg!
Titania:
Gib dich zur Ruh.
Das Elfenland kauft mir das Kind nicht ab.
Oberon:grinst
-daß er mir dient....
Titania:
Ferkel.
Oberon:
..genau wie dir.
Titania:
Nicht um dein Feenreich! Komm, Elflein, fort!
Nur Streit entsteht bei jedem weiteren Wort.
Oberon:
Titania-
Titanias Schwur
Titania;singt
So sicher ,wie es Liebe gibt
so sicher, wie dies Mädchen liebt
so sicher, wie ein Frühling neu
so sicher, wie der Bursche treu.
so sicher , wie du mich betrügst
und geil bei andern Weibern liegst
so sicher sei bei Tag und Nacht
kein Frieden zwischen uns gemacht.
Arie des Oberon:
Oberon:
Die Weiber sind ein böses Volk
und lieben nur nach ihrem Sinn
was ihnen schmeichelt, wie´s gefällt
das Weib sieht sich, der Mann die Welt.
Und Armors Pfeil verfehlt sein Ziel
geht’s nicht so, wie das Weib es will.
Das Weib ist wahre Priesterin
des dummen, blinden Eigensinn!
Einst sah ich unterm kalten Mond
Gott Amor fliegen, wie gewohnt
ne schöne Jungfrau im Visier
die Jungfrau dort, Gott Amor hier
der Pfeil fliegt ihr in den Topf
doch prallt er ab am dicken Kopf
der schönen Maid, dem dumen Kind
Ihr seht, wie hart die Frauen sind.
Doch sah ich, wo der Pfeil fiel
ein weißes Blümchen war sein Ziel
das färbte sich vom Pfeil rot
und heißt für uns nun Liebestod.
Von dieser Blum ein Tropfen Saft
hat seit der Zeit die Zauberkraft
macht jeden ohne Kopf verliebt
in das, was er als erstes sieht.
Dies Blümchen schaff ich mir heut Nacht
zum Scherz. Es wäre doch gelacht
wenn eh die Sonn' ist noch zu sehn
Titania liebt.
Fragt sich nur- wen?
5. Szene
Suchvamp. Demetrius kommt mit dem Roller in den Wald gefahren. Helena zu Fuß und in voller barocker Montage hinter ihm her, offenbar aber genauso schnell wie er. Sie hält ihn am Gepäckträger fest.
Helena:
Demetrius, geliebter Mörder, steh!
Demetrius: gibt Gas, kommt aber trotzdem nicht los
0 quäle mich nicht so! Fort, sag ich, geh!
Helena:
Du läßt mich doch nicht so im Dunkeln hier?
Demetrius:
Ich geh jetzt fort. Du bleib, ich rat es dir!
Demetrius braust ab.
Helena:
Die tolle Jagd, sie macht mir weh und bange!
Je mehr ich fleh, je minder ich erlange!
Ach, in der Stadt und jetzt im Wald
tut er mir Leides! Pfui, Demetrius!
Dein Unglimpf würdigt mein Geschlecht herab.
Um Liebe kämpft ein Mann wohl mit den Waffen.
Wir sind, um Euch zu werben, nicht geschaffen.
Kurzerhand steigt Helena aus ihrem Reifrock aus und läuft Demetrius hinterher.
Lysander tritt auf, gefolgt von einer tapfer und verbissen ihre Koffer schleppenden Hermia.
Lysander:
Ich glaube, da lang.
Sie laufen weiter.
Ne. Doch nicht.
Hermia guckt leidend, sagt aber nichts.
Lysander:
Da lang!!
Ein Abgrund.
Lysander:
Oder da?
Hermia lächelt mühsam.
Lysander:
Oder da hoch.
Hermia:
Da hoch?
Lysander:
Ich glaube.
Hermia:
Du glaubst?
Lysander:
Ich bin mir sicher.
Hermia:
O.k.
Lysander:
Fast.
Hermia:
O.k!!
Lysander:
Kannst du noch?
Hermia:lügt
Klar.
Beide krabbeln mühsam die Wand hoch und verschwinden. Demetrius tritt von Helena gefolgt auf.
Demetrius:
Ich lieb dich nicht, so lauf du mir nicht nach!
Wo ist Lysander und die schöne Hermia?
ihn möchte ich töten, sie - sie tötet mich.
Du sagst, sie flüchteten in diesen Wald,
hier bin ich und wild wallt mein Blut im Wald,
weil ich hier meine Hermia nicht finde
Weg! Fort von hier und folg mir nicht mehr nach!
Helena:
Du ziehst mich an, hartherziger Magnet,
so ziehst du nicht nur Eisen, denn mein Herz ist
erprobt wie Stahl. Hör auf, mich anzuziehen,
dann hab auch ich nicht Kraft mehr dir zu folgen.
Demetrius:
Lock ich dich denn? Tu ich dir etwa schön?:
Sag ich dir nicht vielmehr die nackte Wahrheit:
daß ich dich weder lieb noch lieben kann
Helena:
Und eben darum lieb ich dich noch mehr!
Ich bin dein Hund, Demetrius, dein Spaniel.
No 12 Helenas Hundelied
Helena:
Ich bin dein Hund
Demetrius
ich bin dein Spaniel....
Schlage mich
und ohne Grund
dann lieb ich dich
ich bin dein Hund.
Verlier mich
und ich folge dir
ich bin dir treu
ich bin dein Tier.
Laß mich heut nacht dein Spaniel sein
ich geh auf deine Wünsche ein.
Verletze mich
mit deinem Mund
dann beiß ich dich
ich bin dein Hund.
Je mehr du grollst
je milder will ich lächeln.
Je mehr du schlägst
je wilder will ich hecheln.
Improvisation
Verprügel mich
und peitsch mich wund
ich wein vor Glück
ich bin dein Hund.
Verachte mich
und sag es mir
dann küss ich dich
ich bin dein Tier.
Laß mich heut nacht dein Spaniel sein
ich geh auf deine Wünsche ein.
Wär das zuviel von dir verlangt?
Daß du mich hältst wie einen Hund?
Für mich wär das der höchste Rang
Schlag mich zum Dank.
Ich liebe dich.
Sag mir den Grund.
Demetrius:
Reiz nicht zu sehr den Haß in meinem Herzen,
mir wird schon übel wenn ich dich nur sehe!
Helena:
Und mir wird übel wenn ich dich nicht sehe.
Demetrius:
Ich lauf dir fort, verberg mich im Gebüsch,
geb dich dem Mitleid wilder Tiere preis.
Helena:
Das wildeste hat noch mehr Herz als du!
gesungen
Lauf, wenn du willst! Die Fabel kehrt sich um:
Apollo flieht, und Daphne setzt ihm nach,
die Taube jagt den Greif, die sanfte Hindin
stürzt auf den Tiger sich. Zwecklos Eile,
wenn Zagheit angreift und der Mut entflieht.
Demetrius.
Ich steh dir nicht mehr Rede, hörst du? GEH!
Und fliehst du nicht, glaub mir, ich sag dir das:
ich tu dir hier im Wald noch etwas an!
Helena:
Die Hölle ist mein Himmelreich,
gibt mir des Liebsten Hand den Todesstreich.
Helena geht erhobenen Hauptes ab. Demetrius bleibt unglücklich zurück.
6. Szene
Titania erscheint auf ihrem Baum, fertig angezogen zur Party. Oberon.
Titania:
Brava! Brava, Helena!
Oberon:
Das gefällt dir, was?
Titania:
Mehr, als ich sagen kann.
Oberon:
Gut siehst du aus.
Titania:
Ich geh ja auch tanzen!!
Oberon:
Du kämpfst unfair. Der arme Junge da unten weiß ja schon gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht.
Titania:
Nicht gerade der Kopf, oder?
Oberon:
Und wo gehst du tanzen?
Titania:
Geht dich nix an.
Außerdem tut es diesem kleinen phantasielosen Holzklotz
ganz gut, wenn ihm eine Frau mal liebevoll den Horizont erweitert. Gibt eben noch was anderes als rauf auf die Mutti und zwei mal zwanzig Liegestütze.
Oberon:
Titania, diese Sommernächte tun dir nicht gut.
Titania:
Was kann ich dafür, wenn ihr Männer nicht weiter denkt als von hier bis zur nächsten Baumstamm?
Oberon:
Du willst mich doch wohl nicht mit diesem Leichtmatrosen vergleichen?
Titania:
Du hast natürlich wesentlich mehr Erfahrung. Aber grundsätzlich bleibts bei dir doch auch eher im Bereich der rhytmischen Gymnastik, oder?
Oberon:
Bis jetzt hatte niemand Grund zur Klage.
Titania:
Frauen haben eben ein ganz anderes Leidenspotential.
Oberon:
Hört,hört.
Titania:
Aber nur, weil man uns dazu bestimmt hat unter Schmerzen zu gebären, müssen wir ja nicht auch noch unter Langweile empfangen-
Hermia tritt auf, gefolgt von dem völlig geschafften Lysander mit den Koffern.
Hermia:
Lysander! Jetzt mach mal hinne!
Lysander:
Ich komm ja schon.
Titania:
Siehst du? Wir sind einfach das zähere Geschlecht.
Oberon:
Solange euch jemand die Koffer schleppt.
Titania:
Heb dir deine Machosprüche für deine Pseudoemanze auf.
Ich muß los. Mein Mond geht auf.
Hermia:
Es wird schon dunkel, Lysander!
Lysander:
Ich beeil mich ja!
Oberon:
Ich habe keine Ahnung, von wem du sprichst.
Titania:
Diese Pferdetante. Wie hieß die noch? Hüppeliese?
Oberon:
Schäm dich, Titania!
Titania:
Hüppelotta!
Oberon:
Wie kannst du dich vermessen, in diesem Lichte
Hyppolita und mich zu sehn?
Titania:
Laß stecken, Oberon. Ich weiß alles.
Steht schon so bei Shakespeare.
Sie zieht den Stöpsel aus der Wanne.
Hermia:
Und jetzt fängts auch noch an zu regnen!
No 13 Duett Oberon, Titania
Titania:
Es kommt der oberste der Götter
und gibt sich wieder mal die Ehr
um seine Stirn steht schlechtes Wetter
es wär zum lachen
wenn es nicht so traurig wär.
Der Chef hat überraschend heute doch Zeit
weil heut Hyppolitya nicht kann
die feiert nämlich grade ihre Hochzeit
tja, nichts zu machen-
da darf dann Mutti wieder ran.
Mein Schatz, mach lieber kein Theater
das Stück steht schon zu lange
auf dem Spielplan drauf:
vorm Akt ein Schnaps
ein kalter Kuss
dann einmal rauf
weil man ja muß
danach ein liebevoller Klaps
und am Schluß
bleibt nur der Kater:
Oberon:
Im Glashaus soll man nicht so schmeißen
wir haben eh kaum noch Geschirr!
die kleinen Kläffer sind's, die beißen!
es wär zum weinen
wenn es nicht so komisch wär.
Der Gattin kribbelts in dem Finger
ihr Theseus hat sie so verletzt
denn der liebt's plötzlich etwas jünger
tja, nichts zu machen.
selbst Götter werden mal versetzt.
Mein Schatz, mach lieber kein Theater
das Stück steht schon zu lange
auf dem Spielplan drauf:
der Kopfschmerzblick
der müde Kuss
dann Augen zu
weil man ja muß
vom wöchentlichen Trauerstück
bleibt am Schluß
doch nur der Kater